Hessischer Verwaltungsgerichtshof – Az. 6 A 682/15
Deutsche Bundesbank muss Banknoten, die infolge geistiger Verwirrtheit zerstört wurden, ersetzen
Wie sicherlich viele wissen, ersetzt die Deutsche Bundesbank grundsätzlich Banknoten, die durch Unachtsamkeit o. ä. zerstört werden. Voraussetzung ist jedoch in der Regel, dass entweder mehr als die Hälfte des beschädigten Geldscheins vorgelegt wird oder der Besitzer nachweisen kann, dass die fehlenden Teile der betreffenden Geldscheine vernichtet wurden. Allerdings besagen die Regularien der Bundesbank auch, dass absichtlich beschädigte Euro-Banknoten sowie Euro- und DM-Banknoten, die von Stellen der Bundesbank bereits umgetauscht und entwertet wurden, nicht ersetzt werden.
Doch wie verhält es sich, wenn Banknoten aufgrund geistiger Verwirrtheit mutwillig zerstört werden? Einen Fall, dem ein solcher Sachverhalt zugrunde lag, musste kürzlich der Hessische Verwaltungsgerichtshof verhandeln.
Zum vorliegenden Sachverhalt:
Die Klägerin, eine heute fast 90-jährige Dame, hatte infolge geistiger Verwirrtheit im Jahr 2014 Banknoten im Wert von rund 18.500 Euro zerstört. Die Enkel der betagten Dame verlangten im Anschluss von der Deutschen Bundesbank den Ersatz der zerstörten Banknoten. Wortführend in diesem Fall war eine Enkelin der Klägerin, die zwischenzeitlich zur Betreuerin bestellt worden war.
In der Filiale der Deutschen Bundesbank in München, wo man den Ersatz begehrte, wurde dieser jedoch unter dem Hinweis auf einen bindenden Beschluss der Europäischen Zentralbank abgelehnt. Nach diesem Beschluss ist ein Ersatz oder ein Umtausch von Banknoten grundsätzlich ausgeschlossen, wenn sie von ihrem Besitzer vorsätzlich zerstört wurden.
Mit dieser Begründung wollten sich die Enkel nicht zufrieden geben und erhoben im Namen ihrer Großmutter Klage gegen die Deutsche Bundesbank. Zunächst wurde der Fall vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main verhandelt. Hier wies man die Klage ab und gab somit der Deutschen Bundesbank in ihren Ausführungen Recht. Dagegen ging die Klägerin in Berufung, so dass der Fall in nächster Instanz vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof verhandelt wurde.
Hier entschieden die Richter anders und gaben der Klage statt. Damit verpflichtete das Gericht die Deutsche Bundesbank, der Klägerin die zerstörten Banknoten in vollem Umfang zu ersetzen. Seine Entscheidung begründete das Gericht wie folgt: Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung habe die Klägerin die Banknoten zwar vorsätzlich zerstört, allerdings gäbe es ausreichende Gründe zu der Annahme, dass sie hierbei gutgläubig gehandelt habe, insbesondere im Sinne des Beschlusses der Europäischen Zentralbank über die Stückelung, Merkmale und Reproduktion sowie den Umtausch und Einzug von Euro-Banknoten vom 19. April 2013. Zudem sei im Hinblick auf die dem Gericht vorliegenden medizinischen Befunde und auf die für einen geistig gesunden Menschen völlig ungewöhnlichen Umstände der Tat (im Detail waren diese nicht mehr aufklärbar) von der Annahme auszugehen, dass die Klägerin sich in einem geistig verwirrten Zustand befindet auch zum Zeitpunkt der Beschädigung der Banknoten befunden hatte. Damit sei die Gutgläubigkeit im Sinne des genannten Beschlusses der Europäischen Zentralbank gegeben.
Es muss allerdings angemerkt werden, dass das hier gesprochene Urteil einen absoluten Ausnahmefall darstellt, in dem die Mutwilligkeit der Zerstörung der Banknoten hinter dem Aspekt der Krankheit (in diesem Fall die geistige Verwirrtheit) zurücktritt. Bei einem zurechnungsfähigen Menschen hätte das Gericht ganz sicher anders entschieden.