Bundesgerichtshof (Az.: XI ZR 166/14)
Ausstellung eine Ersatzkarte durch eine Bank darf nicht grundsätzlich mit der Erhebung eines Entgelts verbunden sein
Wer seine EC-Karte oder eine Kreditkarte verliert bzw. gestohlen bekommt, für den ist dies immer mit lästigen Konsequenzen verbunden. Zunächst muss die Karte so schnell wie möglich gesperrt werden, dabei hofft man darauf, dass sich noch niemand unrechtmäßig mit dieser am eigenen Vermögen bedient hat. Und schließlich muss eine Ersatzkarte ausgefertigt werden, was in der Regel einige Tage oder sogar Wochen in Anspruch nehmen kann. Wenn die Ausfertigung dieser Karte dann auch noch mit Kosten verbunden ist, so fehlt vielen Kunden dafür jedes Verständnis.
Eine entsprechende Entgeltklausel haben jedoch viele Kreditinstitute in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen verankert. Ob eine solche Entgeltklausel überhaupt rechtens ist, bzw. ob eine Bank für die Ausstellung einer Ersatzkarte in jedem Fall eine Gebühr verlangen darf, mit dieser Frage beschäftigte sich kürzlich der Bundesgerichtshof.
Folgender Sachverhalt lag der hier geführten Verhandlung zugrunde:
Ein Verbraucherschutzverband hatte auf Unterlassung geklagt, nachdem ihm eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank aufgefallen war, in der ein generelles Entgelt für die Ausstellung einer Ersatzkarte festgelegt war. Für jedes Ausstellen der Ersatzkarte auf Wunsch des Kunden wurde eine Gebühr von 15 Euro erhoben. In diesem Zusammenhang schränkte die Bank die Klausel dahingehend ein, dass das entsprechende Entgelt nur dann zu entrichten sei, wenn die Notwendigkeit der Ausstellung der Ersatzkarte nicht in ihren eigenen Verantwortungsbereich falle.
Konkret bedeutet das: Die Bank übernimmt die Gebühren bzw. die Aufwendungen für das Ausstellen der Ersatzkarte nur dann, wenn die Karte durch eigenes Verschulden des Kreditinstitutes neu ausgestellt werden muss. Erfolgen der Wunsch bzw. die Notwendigkeit der Neuausstellung allerdings von Seiten des Kunden, so muss er generell dafür die Pauschalgebühr in Höhe von 15 Euro entrichten.
Nachdem der Verbraucherverband mit seinem Wunsch auf Unterlassung bei der betreffenden Bank kein Gehör fand, erhob er Klage zunächst vor dem zuständigen Landgericht. Dieses sowie auch das darauf folgende Oberlandesgericht wiesen die Klage des Verbraucherverbandes jedoch ab. Nach einer entsprechenden Revision wurde der Fall schließlich vor dem Bundesgerichtshof abschließend verhandelt. Hier hob man die Urteile der beiden Vorinstanzen auf und stellte fest, dass die genannte Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank einer gerichtlichen Inhaltskontrolle nicht standhalten könne. Es handele sich bei der Pflicht zur Ausstellung einer Ersatzkarte um eine sogenannte gesetzliche Nebenpflicht, für die kein Entgelt verlangt werden dürfe.
Grundsätzlich, so die Richter am BGH weiter, könne nicht davon ausgegangen werden, dass jede Neuausstellung einer EC- oder Kreditkarte seitens der Bank auf einer Ursache beruhe, die in den Verantwortungsbereich des Beklagten falle. Insbesondere bei einem Verlust oder Diebstahl der Karte sei dies unter Umständen nicht der Fall. Da die Bank in ihren Regularien jedoch festgelegt hatte, auf einer Gebühr für das Neuerstellen der Karte nur dann zu verzichten, wenn der Fehler in ihren eigenen Verantwortungsbereich falle, müsste der Kunde in den genannten Fällen trotzdem die Gebühr übernehmen. Darin sahen Richter eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers.
Zwar könne es laut Meinung des Gerichts durchaus Fälle geben, in denen der Verbraucher die Neuausstellung seiner Karte selbst zu verantworten habe, allerdings müssen diese Fälle dann explizit in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgeführt werden. Ein generelles Erheben von Gebühren lediglich unter Ausschließen von Fällen, die in den Verantwortungsbereich des Kreditinstitutes fallen, sei im Hinblick auf die gesetzlich geregelte Nebenpflicht nicht zulässig. Eine solche Nebenpflicht komme etwa dann zum Tragen, wenn Bankkunden die Karte gestohlen wurde. In diesem Fall reiche eine bloße Entsperrung der Karte nicht aus, so dass die Bank die gesetzliche Nebenpflicht zur Neuaufstellung erfüllen müsse. Dafür dürfe gemäß Paragraph 675 BGB kein Entgelt verlangt werden. Auch bei einem Verlust der Karte sei eine solche Nebenpflicht gegeben – zumindest dann, wenn man dem Kunden nichteindeutig nachweisen könne, dass er den Verlust mutwillig herbeigeführt habe.
Nach Meinung des Bundesgerichtshofs ist die beanstandete Klausel somit unwirksam und muss von der Bank aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen entfernt bzw. entsprechend überarbeitet werden. Für Verbraucher bedeutet das: Wer seine Karte gestohlen bekommt oder verliert, hat in Zukunft gute Chancen, sich gegen eine Erhebung eines Entgelts seitens der Bank erfolgreich zu wehren.