Bundesgerichtshof (Az.: XI ZR 434/14)
Bank darf keinen „Preis pro Buchungsposten“ für Geschäftsgirokonten berechnen
In der Vergangenheit war die sogenannte „Preis pro Buchungsposten“-Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für gewerblich genutzte Girokonten vielen Kontoinhabern ein Dorn im Auge. Kein Wunder: Wie der Name bereits andeutet, sorgte diese Klausel dafür, dass Unternehmer, Selbstständige und Freiberufler für jede einzelne Buchungsposition auf ihrem Geschäftskonto eine feste Gebühr bezahlen mussten.
Wer nur wenige Transaktionen pro Monat zu tätigen hat, mag dadurch noch nicht in Bedrängnis gekommen sein. Anders sieht es aus bei Unternehmern, die beispielsweise im Versandhandel tätig sind und jeden Monat mehrere hundert oder gar tausend Transaktionen über ihr Konto laufen haben. Hier kommen schnell einige hundert Euro zusammen, die ausschließlich an Kontogebühren bezahlt werden müssen – und das jeden Monat.
Viele stellten sich allerdings in der Vergangenheit auch die Frage, ob eine Berechnung von Kontogebühren in Abhängigkeit von der Menge der Buchungsposten überhaupt rechtmäßig ist. Genau mit dieser Fragestellung hatte sich kürzlich der Bundesgerichtshof zu beschäftigen.
Es ging um folgenden Fall:
Kläger war ein eingetragener Kaufmann, der durch seine Tätigkeit als Versicherungsvermittler mit rund 25.000 verwalteten Versicherungsverträgen jeden Monat eine große Anzahl von Transaktionen auf seinem Geschäftskonto zu verbuchen hat, insbesondere auch durch Rückbelastungen von Lastschriften. Genau für diese Rückbelastungen berechnete seine Bank – die am Ort ansässige Sparkasse – eine Gebühr von jeweils 0,32 Euro. Im Laufe der Geschäftsbeziehung zwischen Kläger und Bank kam dabei ein Betrag von fast 78.000 Euro zustande.
Der Versicherungsvermittler erklärte sich schließlich mit den Gebühren nicht mehr einverstanden und bezweifelte, dass deren Erhebung rechtlich überhaupt zulässig sei. Er verklagte daraufhin seine Bank auf Rückzahlung der Gebühren für die Buchungsposten nebst der dafür aufgelaufenen Zinsen. Laut seiner Meinung verstoße die Erhebung solcher Gebühren gegen § 307 BGB und sei daher unzulässig.
Vor dem zuständigen Landgericht hatte er mit seiner Klage Erfolg. Die Bank ging daraufhin jedoch in Berufung, woraufhin der Fall erneut vor dem Oberlandesgericht verhandelt wurde. Hier folgten die Richter den Ausführungen der Bank und wiesen die Klage daher ab. Als sich damit wiederum der Kläger nicht einverstanden erklärte, wurde der Fall in letzter Instanz vor dem Bundegerichtshof verhandelt.
Die Richter am BGH gaben schließlich dem Kläger Recht und stellten das Urteil des Landgerichts wieder her. Die Urteilsbegründung: Entsprechende Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kreditinstituts unterliegen grundsätzlich der Inhaltskontrolle. Im Rahmen dieser ist die Klausel so auszulegen, dass auch Buchungen bepreist werden, welche durch Bareinzahlungen auf das Konto und Barabhebungen am Schalter entstehen. Ebenfalls entstehen Kosten im Rahmen der fehlerhaften Ausführung von Zahlungsaufträgen. Durch die angesprochenen Ein- und Auszahlungen seien zu beanstandende Preisnebenabreden entstanden. Insbesondere stellten die Richter fest, dass durch die Bepreisung von Buchungen, welche im Rahmen der fehlerhaften Ausführung eines Zahlungsauftrags entstehen, die Bank gegen den seit dem 31. Oktober 2009 geltenden § 675 BGB verstößt. Der betreffende Paragraph legt fest, dass eine Bank als Zahlungsdienstleisterin keinen Anspruch auf ein Entgelt hat, sofern ein Zahlungsauftrag fehlerhaft bzw. ohne Autorisierung ausgeführt wurde. Die beklagte Bank verlange dagegen 0,32 € pro fehlerhaftem Zahlungsauftrag und habe diese Gebühr in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen als sogenannte Postenpreisklausel verankert. Diese sei laut Ansicht des Gerichts unwirksam.
Was bedeutet das Urteil für Bankkunden?
Zunächst einmal muss angemerkt werden, dass das hier gesprochene Urteil ausdrücklich nur für geschäftlich bzw. gewerblich genutzte Konten gilt. Für Privatkonten kann die Rechtslage u. U. also ganz anders aussehen. Zudem gilt das Urteil nur in dem hier genannten Fall, bei dem keine sogenannte Freipostenregelung zum Einsatz kommt. Diese Freipostenregelung könnte beispielsweise besagen, dass bei Bareinzahlungen und Auszahlungen keine entsprechende Gebühr erhoben wird.
Sieht die Postenregelung jedoch eine pauschale Bepreisung für alle Buchungsposten auf einem Konto vor, so ist diese laut Gericht unzulässig und damit unwirksam. Diese Aussage stützt sich darauf, dass Ein- und Auszahlungen als Akte zur Begründung bzw. Erfüllung von Darlehens- oder Verwahrungsverhältnissen zu werten sind. Daher dürfen für sie nach den gesetzlichen Regelungen des Darlehens und der unregelmäßigen Verwahrung keine Entgelte erhoben werden. Wer als Inhaber eines Firmenkontos davon betroffen ist, hat also zukünftig gute Chancen, vor Gericht die Entgelte für pauschale Buchungsposten von seiner Bank erstattet zu bekommen. Inwieweit eine Erstattung für zurückliegend entrichtete Entgelte eingeklagt werden kann, muss allerdings abgewartet bzw. in weiteren Gerichtsentscheidungen geklärt werden.