AG München – Az. 233 C 3757/11
Zeitnahe Barabhebung mit gestohlener EC-Karte ist ein Anscheinsbeweis
Es ist wohl eine der größten Horrorvorstellungen jedes Verbrauchers: Man verliert seine EC-Karte oder diese wird gestohlen, und im Anschluss hebt der Dieb bzw. Finder direkt einen großen Geldbetrag vom Konto ab. Normalerweise ist die Bank dazu verpflichtet, dem Kunden in einem solchen Fall seinen Schaden zu ersetzen. Allerdings gibt es hierbei Einschränkungen. Stellt sich zum Beispiel heraus, dass der Kunde fahrlässig gehandelt hat, kann der Erstattungsanspruch eingeschränkt oder sogar ganz aufgehoben werden.
Aber was bedeutet in diesem Zusammenhang "grobe Fahrlässigkeit"?
Nun, die Fahrlässigkeit kann sich sowohl auf die EC-Karte selbst beziehen, sie kann aber auch den Umgang mit der Geheimnummer – der so genannten PIN – betreffen. Wie verhält es sich beispielsweise, wenn der Kunde seine PIN Nummer direkt in der Nähe der EC-Karte aufbewahrt, zum Beispiel im Portmonee oder in einer Handtasche?
In diesem Fall – das zeigen mehrere vorangegangene Gerichtsurteile – handelt der Kunde grob fahrlässig und die Bank kann die Erstattung des verlorenen Geldes verweigern. Doch in diesem Zusammenhang stellt sich noch eine weitere Frage: Woran lässt sich beweisen, dass der Kunde seine PIN Nummer unverhältnismäßig aufbewahrt hat?
Klarheit könnte dabei ein aktuelles Gerichtsurteil bringen, welches vom Amtsgericht München gesprochen wurde. In dem zugrunde liegenden Fall ging es um die Kundin einer Bank, der ihre EC-Karte gestohlen wurde. Obwohl die Kundin dem Diebstahl zeitnah nach Bemerken bei ihrer Bank meldete und das Konto sperren ließ, hatte der Dieb bereits mehr als 1000.- Euro von Konto abgehoben. Die Kundin verlangte daraufhin Schadenersatz von ihrer Bank, was diese jedoch zunächst verweigerte.
Die Gründe der Bank: Durch die zeitnahe Sperrung des Kontos hätte bei nicht fahrlässiger Aufbewahrung der PIN Nummer in dieser kurzen Zeit vom Dieb kein Geld abgehoben werden können. Im Umkehrschluss bedeute dies: Die Frau muss somit die PIN Nummer im Portmonee oder in ihrer Handtasche (die komplett gestohlen wurde) aufbewahrt haben, sonst hätte der Dieb nicht so schnell das Geld abheben können. Mittels eines Protokolls des betreffenden Geldautomaten konnte nachgewiesen werden, dass die Abhebung unter Verwendung der EC-Karte und regulärem Einsatz der PIN erfolgte.
Das Gericht gab den Ausführungen der Bank Recht und wies die Klage der Frau ab. Die Richter sahen es als Anscheinsbeweis an, dass bei einer solch kurzfristigen Sperrung des Kontos eine Barabhebung nur dann möglich sei, wenn der Dieb auf der EC-Karte selbst oder in direkter Nähe die PIN Nummer findet. Genau das müsse in diesem Fall gegeben gewesen sein.
Fazit: Jeder Inhaber einer EC-Karte sollte darauf achten, die PIN Nummer niemals aufzuschreiben, schon gar nicht auf die Karte selbst. Auch ein Zettel mit der aufgeschriebenen Nummer sollte – wenn überhaupt – zu Hause sicher versteckt aufbewahrt werden, aber niemals im Portmonee oder in einer Handtasche. Andernfalls könnte jeglicher Erstattungsanspruch im Ernstfall verfallen.
Wenn keine grob fahrlässige Handlung oder gar Vorsatz des Verbrauchers vorliegt, dann haftet er bei Verlust der Girocard lediglich mit maximal 50 Euro! Vor dem Jahr 2018 lag dieses Haftungslimit noch bei 150 Euro.